Overline: Offener Brief
Headline: Gegen Rassismus – für Diversität

In einem Offenen Brief haben sich im Jahr 2016 verschiedene Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft in Potsdam für Vielfalt und Toleranz und gegen Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit ausgesprochen. Die Initiative für diesen Brief ging vom IASS-Direktor Mark Lawrence aus. Anlass war die anwachsende Fremdenfeindlichkeit im Zusammenhang mit der damaligen „Flüchtlingskrise“.

Gegen Rassismus - für Diversität
Gegen Rassismus - für Diversität Shutterstock/Franzi

Angesichts der aktuellen Proteste gegen Rassismus – weltweit sowie in Deutschland – erinnern wir, der Vorstand des  IASS, noch einmal an diesen Brief, weil Rassismus auch die Freiheit der Wissenschaft bedroht.

Damals ging es vor allem um Fremdenfeindlichkeit und Abschottung nach außen.

Heute stehen Rassismus und Ausgrenzung – bei uns in Deutschland und anderswo – im Mittelpunkt.

Damals wiesen wir auf die enorme Bedeutung eines weltoffenen Klimas für die Wissenschaft in Potsdam hin.

Heute betonen wir, dass eine offene Gesellschaft und eine freie Wissenschaft Rassismus nicht dulden dürfen.

Damals wie heute gilt:

„Wer die Würde des Menschen und ihren Schutz als verbrieftes Grundrecht durch Worte und Taten in Frage stellt oder rassistische Ausfälle und Äußerungen unterstützt oder duldet greift zentral den Charakter und das Selbstverständnis Potsdams an.“

Der Brief von 2016 im Wortlaut:

„Es ist schwieriger, eine vorgefaßte Meinung zu zertrümmern als ein Atom.“ Albert Einstein (1879-1955)

Wissenschaft lebt von Weltoffenheit – von der Neugier auf das Unbekannte und vom unvoreingenommenen Austausch von Ideen und Menschen über Staaten und Kulturen, Religionen und Hautfarben hinweg. Wissenschaft ist der Gegenpol von Abschottung!

Der freie Geist einer offenen Gesellschaft hat der Wissenschaft in Potsdam ein Zuhause gegeben: In ihrer Geschichte blickt die Stadt auf weltbekannte Wissenschaftler zurück, darunter Albert Einstein, der nach 1933 als Emigrant in die USA fliehen musste. In keiner anderen deutschen Stadt ist der Anteil von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Bevölkerung höher. Nicht wenige Institute beschäftigen Forscherinnen und Forscher aus vielen Ländern der Erde. Mit über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört die Wissenschaft zu den wichtigsten Arbeitgebern in der Region. Knapp 25.000 Studentinnen und Studenten werden an den Hochschulen in Potsdam ausgebildet. Jährlich sind zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt zu Gast in unserer Stadt. Und jeden Tag arbeiten die global vernetzten Potsdamerinnen und Potsdamer mit Kollegen in Forschungseinrichtungen anderer Länder an gemeinsamen Studien – für den Fortschritt aller in Deutschland und der Welt.

Wer in der Flüchtlingskrise die Würde des Menschen und ihren Schutz als verbrieftes Grundrecht durch Worte und Taten in Frage stellt – wie wir es seit einigen Wochen auch in Potsdam erleben – greift zentral den Charakter und das Selbstverständnis Potsdams an. Als Leiterinnen und Leiter wissenschaftlicher Einrichtungen in Potsdam lehnen wir Menschenfeindlichkeit, Gewalt und Intoleranz aufgrund von Herkunft, Aussehen, Religion oder anderen Gründen ab. In unserem Land, in unserer Stadt darf keine Stimmung gegen Fremde und Schutzsuchende wachsen. Eine solche Stimmung stünde gegen unsere Werte als Europäer, als Deutsche und als Potsdamer – und nebenbei auch gegen unsere Interessen als Standort für Wissenschaft und Wirtschaft.

Wir sind außerordentlich stolz auf die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Einrichtungen, die sich aus Eigeninitiative mit hohem Engagement für eine tolerante, gewaltfreie und fürsorgliche Gesellschaft einbringen – sei es bei der Hilfe für Menschen in Not oder der Bekräftigung der freiheitlichen Grundprinzipien unserer Gesellschaft. Wir sehen sie als Vorbilder an und rufen dazu auf, dass Potsdam weiterhin eine weltoffene und tolerante Stadt bleibt, nicht nur für die Wissenschaft, sondern für alle Menschen, die in Potsdam leben und in unserer Stadt zu Gast sind.

Veröffentlicht in Potsdam am 21. März 2016