Headline: Eine unerwartete Begegnung im Himalaya... mit einer Atmospheric Brown Cloud

Auf einer Wanderung im Himalaya sah ich an einem Maimorgen im Jahr 2012 eine ABC – eine Atmospheric Brown Cloud – in der Luft schweben. Zwei nepalische Kollegen und ich unternahmen eine Forschungsexpedition. Drei Tage waren wir auf steilen, schmalen und sehr schönen Pfaden unterwegs gewesen, und nun hatten wir fast unsere Forschungsstation erreicht, die die Luftqualität bei Gosaikunda (4300 Meter ü.d.M.) misst. Das Wetter war günstig, trocken, nicht zu kalt und ruhig. Nach einer Nacht in einer Steinhütte am heiligen See Gosaikunda freuten wir uns auf den Anblick des Sonnenaufgangs über weißen Berggipfeln. Als wir frühmorgens den letzten Teil des Pfads zum Gipfel hochkletterten, stellten wir staunend fest, dass die schneebedeckten Bergriesen kaum zu sehen waren. Statt golden zu glänzen, erschienen sie grau: So weit das Auge reichte, dehnte sich eine dunkle Luftschicht aus, die sich von Nordindien bis zu den Bergketten des Hochhimalaya erstreckte (siehe Filmspot und das Foto unten).

https://youtu.be/oyJ9ekcwpus

Ein dichter Dunstschleier wurde bei einer Wanderung im Hochhimalaya von einem Aussichtspunkt am Gosaikunda (4700 Meter ü.d.M.), Nepal, gesichtet. © Zoe Lucia Lüthi.

Die auf dem Foto oben festgehaltene Aussicht sowie Artikel von Mark Lawrence und Veerabhadran Ramanathan motivierten mich maßgeblich bei meiner Forschungsarbeit für meine Dissertation am Institute for Tibetan Plateau Research, Chinese Academy of Sciences. Neben den direkten Messungen, die im Himalaya und auf der tibetischen Hochebene erfolgten, analysierte ich die verfügbaren, wenn auch kargen Satellitendaten und Erhebungen anderer Forschungsprojekte, die physikalische und chemische Eigenschaften der Atmosphäre zeigten. Bald wurde deutlich, dass wir vom Gosaikunda aus eine ABC gesehen hatten, eine riesige Decke aus Dunstschichten, die weitgehend aus lichtabsorbierenden, kohlenstoffhaltigen Aerosolpartikeln bestanden. Weil diese Schadstoffpartikel so klein sind, bleiben sie in einem Schwebezustand in der Luft und können über weite Strecken transportiert werden. Wenn bestimmte atmosphärische Zirkulationsmuster vorherrschen, kommt es zu grenzüberschreitender Luftverschmutzung und ABCs dringen, wie hier geschildert, in die sensible Region des Himalaya und die tibetische Hochebene (HTP) vor.

Die tibetische Hochebene ist ein wichtiges Gebiet, das die größten Eismassen außerhalb der Polarregionen birgt und den Strahlungshaushalt sowie das Klima auf regionaler und globaler Ebene regelt. In den vergangenen Jahren wurde durch eine wachsende Zahl von Studien nachgewiesen, dass sich in der Atmosphäre und Kryosphäre der tibetischen Hochebene außerordentliche Veränderungen vollziehen, unter anderem eine Erwärmung der Atmosphäre und über weite Gebiete ein schnelles Abschmelzen der Gletscher (bis zu 50 Meter pro Jahr). Höchstwahrscheinlich wird infolgedessen die Wasserverfügbarkeit wichtiger asiatischer Flusssysteme beeinträchtigt. Neben den Treibhausgasen ist in diesen abgelegenen Regionen offenbar die zunehmende Immissionskonzentration von Ruß eine anthropogene Triebkraft. Sobald sich diese lichtabsorbierenden Aerosolpartikel auf Gletschern und Schneefeldern ablagern, tragen sie zur Erwärmung der Atmosphäre und zur Reduktion der Albedo bei.

Wenn die Luftverschmutzung auf der tibetischen Hochebene im Lauf der Jahre weiterhin steigt, werden die fragilen Höhenregionen mit größter Wahrscheinlichkeit nicht reversible Veränderungen erleiden. Daher ist es zwingend erforderlich, jetzt zu handeln und Projekte und Vorschriften umzusetzen, die unverzüglich für eine Kontrolle der Schadstoffemissionen sorgen. Überdies könnte eine maßgebliche Lösung für Umweltprobleme in den Gewohnheiten eines jeden von uns liegen; wenn mangelndes Bewusstsein und nicht nachhaltiges Verhalten zu schweren Umweltbelastungen führen, dann kann das Problem durch vermehrtes bewusstes und nachhaltiges Verhalten gelöst werden. Deshalb stellt sich die Frage, ob eine Geisteshaltung der Verbundenheit und des Mitgefühls etwas zur Nachhaltigkeit beitragen und auf lokaler ebenso wie auf globaler Ebene Früchte tragen kann oder nicht. Ein Freund aus Tibet hat mir einmal gesagt, die westliche Zivilisation habe große materielle Fortschritte gebracht. Die moderne Welt wäre aber schon wesentlich höher entwickelt, wenn es auch eine Technik für inneren Frieden gäbe. Solange es keinen inneren Wandel und kein inneres Wachstum gibt, werden wir zu Zahnrädern einer Maschine und zu Sklaven der äußeren Welt.

Header photo: Zoe Lucia Lüthi

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