Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Öffentliche Probleme, private Lösungen? UN will Zugang zu Klimatechnologien erleichtern

23.07.2019

Die indische Solarkapazität hat im Gegensatz zu vielen der am wenigsten entwickelten Länder einen Boom erlebt.
Die indische Solarkapazität hat im Gegensatz zu vielen der am wenigsten entwickelten Länder einen Boom erlebt.

Obwohl die Stückkosten für erneuerbare Energien stark gesunken sind, werden deutlich mehr finanzielle Mittel für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel benötigt, als aktuell bereitstehen. Gerade die am wenigsten entwickelten Länder verfügen noch immer nicht über die Technologien, die sie brauchen. Kann der Privatsektor Abhilfe schaffen oder sollten Regierungen und die Vereinten Nationen eingreifen?

Ein Gedanke, der bei den UN-Zwischenverhandlungen in Bonn diesen Monat wiederholt geäußert wurde, lautete: Wenn ein Markt vorhanden ist, wird die Finanzierung folgen. Aus diesem Grunde, so wurde gefolgert, sollte der Privatsektor einen wichtigen Platz am Verhandlungstisch einnehmen. Einige Akteure der Zivilgesellschaft, die multinationale Konzerne als Wölfe im Schafspelz betrachten, lehnten diesen Gedanken jedoch vehement ab. Sie glauben, dass die Konzerne einfach so weitermachen wollen wie bisher und dass ihre Einbeziehung einer Falle gleichkommt. Carolina Schmidt, Umweltministerin von Chile und designerte Präsidentin der COP25, versicherte den NGOs, dass die COP 25 diesen Dezember nur Akteure des Privatsektors einbeziehen werde, die „echte Ambitionen zeigen“, und dass es sich um eine „COP der Bürger“ handeln werde.

Geschäftschancen für saubere Energie

Eines steht fest: Der Privatsektor hat in den letzten Jahren die Geschäftschancen für erneuerbare Energien erkannt. Denn in den meisten Ländern sind Solar- und Windenergie günstiger als Kohle. Entsprechend hoch ist auch der Anstieg an Investitionen in erneuerbare Energien. Insbesondere China und Indien verzeichnen ein exponentielles Wachstum im Bereich sauberer Energie. Doch in vielen der am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) haben sich die nachhaltig gewonnenen Energiemengen kaum verändert. In diesen Ländern ist die Energiearmut am höchsten (ca. 62 Prozent der Menschen in den LDCs haben laut den Vereinten Nationen keinen Zugang zu Strom). Dies wiederum beeinträchtigt die menschliche Gesundheit, die Entwicklung und die Gleichstellung der Geschlechter.

Solarenergiekapazität nach Land, in MW

Es hat sich herausgestellt, dass die Verfügbarkeit günstigerer Technologien nicht überall unbedingt bedeutet, dass auch Geschäftschancen bestehen: Der Green Climate Fund wies darauf hin, dass von den Unternehmen wahrgenommene Risiken und Governance-Hindernisse die Gründe dafür sind, dass sich Unternehmen nicht an aufstrebenden Märkten beteiligen. Verschiedene Institutionen wie die UNO und die IRENA sowie Entwicklungsbanken versuchen, einige der Investitionsbarrieren aus dem Weg zu räumen. Zu ihren Ansätzen gehören finanzielle Risikominderung sowie Politikberatung. Man geht davon aus, dass bei angemessenem Umgang mit Risiken und Governance-Hindernissen schließlich Marktchancen für die Energieerzeugung entstehen werden.

Das Problem der öffentlichen Güter

Der Schutz vor dem Klimawandel ist ein öffentliches Gut: Er kostet etwas, doch alle Menschen profitieren von den Bemühungen. Dies spricht für einen staatlichen Eingriff. In der Tat verfügen die meisten Staaten über Klimaschutzpläne. Und auf Ebene der Vereinten Nationen versucht das Climate Technology Center and Network (CTCN), den Entwicklungsländern den Zugang zu Klimaschutz- und Anpassungstechnologien zu erleichtern. Doch ein Weg zur Umgehung des allgemeineren Problems der öffentlichen Güter ist nicht ersichtlich. Jaime Webbe, Regionalmanagerin Asien-Pazifik beim CTCN, sagte bei den Zwischenverhandlungen, dass der Bedarf an Anpassungstechnologien stetig steigen werde, wobei ihm die gleiche Priorität einzuräumen sei wie anderen Sicherheitsthemen, etwa den militärischen Kapazitäten oder der öffentlichen Gesundheit. Man impft die Bevölkerung, weil dies für die gesamte Gesellschaft positive Auswirkungen hat: etwa den Schutz vor Epidemien. Genau so sollte man möglicherweise auch die Förderung von Technologien zur Anpassung an den Klimawandel betrachten, da diese schlimmere Katastrophen in der Zukunft verhindern können.

Die Präsidentin der COP25, Carolina Schmidt aus Chile, präsentierte bei den Zwischenverhandlungen in Bonn ihre Vision eines erfolgreichen Klimagipfels. Die Steigerung der Klimaziele bezeichnete sie als oberste Priorität.
Die Präsidentin der COP25, Carolina Schmidt aus Chile, präsentierte bei den Zwischenverhandlungen in Bonn ihre Vision eines erfolgreichen Klimagipfels. Die Steigerung der Klimaziele bezeichnete sie als oberste Priorität.

Der aktuelle Ansatz der Vereinten Nationen

Die Vereinten Nationen können die Technologien, die den Entwicklungsländern bei Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen helfen, mithilfe verschiedenster Instrumente bereitstellen. Der UN-Technologiemechanismus und sein Exekutivorgan (das CTCN) zielen auf die Förderung von Entwicklung und Transfer sauberer Technologien ab. Die Niederlassungen in den Entwicklungsländern arbeiten mit Partnern vor Ort zusammen, um den jeweiligen Bedarf zu beurteilen, den Zugang zu Anpassungs- und Klimaschutzprojekten zu ermöglichen und entsprechende Mittel zu sichern. Die Gelder und Ressourcen sind jedoch begrenzt und können die Lücke, die durch die ausbleibende privatwirtschaftliche Finanzierung entsteht, nicht schließen.

Der internationalen Gemeinschaft stehen jedoch Politikinstrumente zur Verfügung, die Geschäftschancen im Bereich Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel schaffen könnten. Dazu gehören Marktmechanismen wie etwa der bisherige Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, CDM). Zurzeit wird heiß darüber debattiert, wie die neuen Marktmechanismen aussehen sollten, damit die für die Energiewende erforderliche doppelte Finanzwende finanziert werden kann. Eine weitere Lösung wäre die Internalisierung der Emissionskosten durch die Länder oder Regionen anhand eines CO2-Preises, sodass Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen mit den Einnahmen bezahlt werden können. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die „COP der Bürger“ diesen Dezember in der Lage sein wird, Strategien durchzusetzen, die den Entwicklungsländern Zugang zu den von ihnen benötigten Technologien verschaffen – und inwiefern die Unternehmen möglicherweise dagegenhalten. Angesichts der Tatsache, dass sich die Delegierten in Bonn nicht über die wissenschaftliche Grundlage des Sonderberichts 1,5 °C globale Erwärmung einigen konnten, habe ich wenig Hoffnung.

Ein Aufruf zum Handeln

Es reicht eindeutig nicht aus, dass sich die Stückkosten für saubere Energien verringern. Regierungen und internationale Gremien müssen endlich sicherstellen, dass die am wenigsten entwickelten Länder Zugang zu Klimaschutz- und Anpassungstechnologien erhalten. Ohne politische Maßnahmen können wir nicht erwarten, dass Geschäftschancen für die Investition in diese Technologien entstehen. Außerdem müssen wir akzeptieren, dass für öffentliche Güter öffentliche Lösungen erforderlich sind. Hier können Initiativen für den Transfer von sauberen Technologien wie etwa das CTCN hilfreich sein, doch je länger dieser Prozess dauert, umso teurer und schwieriger wird die Anpassung an den Klimawandel sein.

 

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