Deutschland verbietet Einwegkunststoffprodukte: Ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg
28.07.2020
Deutsche Haushalte produzieren laut einem kürzlich erschienenen Bericht 15 Prozent mehr Abfall als vor der Pandemie. Die Bedenken bezüglich Hygiene und Sicherheit überwiegen offenbar das Interesse der Öffentlichkeit an Nachhaltigkeit. Da sich Menschen im Sommer gerne draußen aufhalten, fällt noch mehr Kunststoffabfall im Freien an. Angesichts der Tatsache, dass gängige Kunststoffartikel, insbesondere Lebensmittelverpackungen zum Mitnehmen, zehn bis 20 Prozent des Abfalls in Parks, auf öffentlichen Plätzen und Straßen in Deutschland ausmachen, darf die Notwendigkeit nicht unterschätzt werden, dies zu regulieren. Langfristige Maßnahmen sind erforderlich, um die übermäßige Produktion und den unverhältnismäßigen Kunststoffverbrauch zu vermeiden.
Der Beschluss des Bundeskabinetts, Ende Juni 2020 eine Verordnung über Einwegkunststoffe auf den Weg zu bringen, ist begrüßenswert. Gemäß der Richtlinie (EU) 2019/904 der Europäischen Union vom 5. Juni 2019 über die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt verbietet die Verordnung, die sogenannte Einwegkunststoffverbotsverordnung, das Inverkehrbringen von bestimmten Einwegkunststoffen. Ein Einweg-Kunststoffprodukt ist definiert als ein ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehendes Produkt. Es wurde nicht so konzipiert, entwickelt oder auf den Markt gebracht, um mehrere Produktkreisläufe zu durchlaufen, indem es an einen Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wird, wo es wieder aufgefüllt oder für den gleichen Zweck wiederverwendet wird zu dem es hergestellt worden ist.
Der "Wegwerfmentalität" entgegenwirken
Das Gesetz verbietet das "Inverkehrbringen" bestimmter Einwegprodukte aus Kunststoff, nämlich Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Ballonstangen, bestimmte Lebensmittel- und Getränkebehälter sowie -becher einschließlich ihrer Deckel. Umweltministerin Svenja Schulze hat dies als einen Schritt bezeichnet, um die EU-weite Absicht zu unterstützen, der "Wegwerfmentalität" entgegenzuwirken, die mit dem Gebrauch von Einwegprodukten verbunden und alltäglich geworden ist. Die Verordnung wird dem Deutschen Bundestag zur Überprüfung und danach dem Bundesrat noch in diesem Jahr zur Genehmigung vorgelegt. Die Verordnung wird dann im Juli nächsten Jahres in Kraft treten.
Die Verordnung wird den 5-Punkte-Plan des Bundesumweltministeriums für weniger Kunststoff und mehr Recycling vorantreiben und trägt zur Umsetzung bestimmter Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen Sustainable Development Goals (SDGs) bei. Umgesetzt wird diese Neuregelung durch Änderungen des bestehenden Kreislaufwirtschaftsgesetzes, wobei Verstöße mit Geldbußen oder Beschlagnahmung geahndet werden. Die Verantwortung für die konkrete Umsetzung des Verbots wird bei den Bundesländern liegen.
Wiederverwendbare Alternativen erforderlich
Was bedeutet die neue Verordnung für die Verbraucher? Zusätzliche Kosten könnten bei der Herstellung entstehen, bei denen Kunststoff durch andere Materialien ersetzt wird. Aber das Gesetz geht davon aus, dass diese nicht zu einem erheblichen Anstieg der Verbraucherpreise führen werden. Diese Annahme basiert auf früheren Erfahrungen mit der Einführung von Wattestäbchen, Rührstäbchen und Besteck aus Holz oder Papier. In der Begründung der Verordnung wird darauf hingewiesen, dass die Hersteller ausreichend Zeit haben werden, ihre Produktion anzupassen, da die Verordnung erst am 3. Juli 2021 in Kraft tritt.
Das Gesetz enthält keine Leitlinien zu alternativen Materialien, und es bleibt abzuwarten, wie sich die Hersteller an die Verordnung anpassen werden. Obwohl sich die dem Gesetz zugrundeliegende Argumentation darauf konzentriert, die Verbraucher zu ermutigen, auf die Verwendung von Einwegprodukten zu verzichten und „stattdessen die bereits angebotenen und in Zukunft verstärkt zu entwickelnden Mehrwegalternativen zu nutzen“, enthält es keine Anleitung zu vorgeschlagenen Wiederverwendungsmodellen und stellt lediglich fest, dass „[s]oweit Mehrwegalternativen nicht sinnvoll oder nicht vorhanden sind, soll zumindest der Verbrauch des unter intensiver Nutzung von Ressourcen hergestellten Kunststoffs vermindert werden.“
Über das Verbot von Einwegkunststoffen hinausgehen: Kunststoffverbrauch vermeiden und reduzieren
Diese Gesetzesänderung ist natürlich eine positive Entwicklung in der Kampagne zur Reduzierung des Kunststoffverbrauchs. Gleichzeitig muss ein Verbot von Einwegkunststoff durch zusätzliche und ehrgeizigere Maßnahmen ergänzt werden, um den Kunststoffüberschuss in unserem Lebensstil zu reduzieren, zu vermeiden und die Wiederverwendungssysteme zu stärken. Die Verordnung nimmt Bezug auf den 5-Punkte-Plan des Umweltministeriums, jedoch weitere Maßnahmen stehen noch aus wie etwa überflüssige Verpackungen zu vermeiden und die Einrichtung von öffentlichen Trinkwasserbrunnen, um Einweg-Wasserflaschen aus Kunststoff zu reduzieren.
Es bleibt zu hoffen, dass der jüngste Vorschlag zur Einführung einer Steuer auf nicht wiederverwerteten Kunststoffverpackungsabfall in der Europäischen Union ebenso wie wirksame Finanzinstrumente für die Regulierung des Kunststoffabfallmanagements mit sich bringen wird.