Mit grüner Innovation aus der Krise - der Fall der Start-up-Nation Israel
30.07.2020
Weltweit haben Länder unterschiedlich auf die großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie reagiert. Während einige die Krise als Chance für neue Technologien und Ideen in Richtung Klimaneutralität sehen, verstärken andere augenscheinlich ihre Abhängigkeit von alten Technologien, was zu dem gefürchteten „Carbon Lock-in“ führen könnte. Die Reaktion der Start-up-Nation Israel ist vielversprechend, aber es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um eine grüne Wende aus der Krise zu unterstützen.
Ein grün angehauchtes Konjunkturpaket
Es wird erwartet, dass die gegenwärtige Corona-Krise der israelischen Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen wird. Ein Großteil der Aufmerksamkeit der Regierung gilt der Frage, wie Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen und die israelische Wirtschaft wieder auf einen Wachstumspfad gebracht werden kann. Das israelische Energieministerium plant, sein Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 von 17% auf 30% zu erhöhen und Infrastrukturprojekte in der Energie- und Wasserwirtschaft zu beschleunigen. Während dies alles nach sonnigen Nachrichten klingt, sind die Pläne des Energieministeriums zur weiteren Förderung von Erdgas problematisch. Dennoch sind diese Strategien erste wichtige Schritte zu einem grünen Konjunkturpaket. Und eine solche grüne Antwort auf die Krise könnte sogar zu einem besseren wirtschaftlichen Aufschwung beitragen, fanden führende Ökonomen heraus.
Hindernisse für grüne Innovationen
Ein „grüner Aufschwung“ könnte das Potenzial Israels für die Kommerzialisierung und Skalierung der Cleantech-Kapazitäten des Landes nutzen. Israel hat die größte Start-up-Dichte der Welt. Allerdings werden viele Cleantech-Innovationen zwar erfunden, haben es dann aber schwer, den Markt zu erreichen. In Israel, wie in vielen anderen Ländern, gibt es Innovationslücken von konzeptionellen Ideen bis hin zu marktreifen Lösungen. Bewährte Cleantech-Lösungen, die in den kommerziellen Maßstab überführt werden könnten, kämpfen häufig mit einem unzureichenden Kapitalangebot und asymmetrischen Informationen, was zu Marktversagen führen kann. Das Problem ist nicht die Verfügbarkeit von Cleantech-Innovationen an sich, sondern vielmehr die enge und langsame Diffusion in Wirtschaft und Gesellschaft, die ihre Wirkung bei der Bewältigung globaler Nachhaltigkeitsherausforderungen begrenzt. Aber wie bringen wir dann Cleantech vom Labor auf den Markt?
Regierungsmaßnahmen zur Beschleunigung der Kommerzialisierung von grünen Innovationen
2019 forschte ich im Rahmen des Stipendienprogramms "Dekarbonisierungsstrategien für das 21. Jahrhundert: Deutsch-Israelische Perspektiven", das vom IASS, dem Israel Public Policy Institute und der Heinrich-Böll-Stiftung Israel durchgeführt wurde. Ich führte Interviews mit 41 israelischen und internationalen Expertinnen und Experten aus Start-ups, Unternehmen, Investmentgesellschaften, Beratungsunternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Regierungsorganisationen und leitete einen Workshop mit etwa 50 israelischen Stakeholdern. Auf der Grundlage der Konsultationen identifizierte ich vier Schlüsselbereiche für staatliches Handeln, die den Innovatoren helfen sollen, die Herausforderung der Kommerzialisierung von Cleantech zu bewältigen:
- Eine Mischung aus Innovationsanreizen und umweltpolitischen Regulierungsmaßnahmen (z.B. investitionsgetriebene Steuererleichterungen oder Barzuschüsse) könnte die Marktnachfrage nach Cleantech auch in konservativeren Branchen beschleunigen und nationale Kommerzialisierungserfolge unterstützen.
- Eine Ausweitung der Impact- und Wachstumsfinanzierung (z.B. durch die Einführung eines Cleantech-Wachstumsfonds) kann das entlang des Innovationszyklus benötigte Kapital bereitstellen und Start-ups helfen, das finanzielle „Tal des Todes“ zu überwinden. Darüber hinaus können die damit verbundenen technologischen und finanziellen Risiken durch Maßnahmen der Risikoteilung, wie z.B. staatliche Garantien, minimiert werden.
- Öffentlich-private Partnerschaften sowie Business-to-Business-Cleantech-Kooperationen können zusammen mit einem guten Marketing den Markteintritt von Start-ups erhöhen und die Kundenakquisition unterstützen. Ressortübergreifende strategische Kooperationen können darüber hinaus die regulatorische Belastung der Ministerien verringern und die Relevanz für Cleantech-Innovationen erhöhen.
- Mit einer starken Klima-Führungsrolle kann Israel um die Mitte dieses Jahrhunderts die Weichen in Richtung Klimaneutralität stellen und mehr Begeisterung für die israelische Cleantech-Branche schaffen. Das ist notwendig, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. Ein ambitionierter Klimaaktionsplan könnte zum Beispiel die Nachfrage nach der Entwicklung und Einführung von Cleantech-Lösungen steigern.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen betrifft die Innovationspipeline von der Forschung und Entwicklung bis hin zur weiten Verbreitung. Sie könnten Israels Übergang zur Klimaneutralität erleichtern, indem sie Lösungen für drängende Nachhaltigkeitsherausforderungen bieten. Diese reichen von sauberen Verkehrsmitteln, Sharing-Modellen und klimaschonender Landwirtschaft bis hin zu erneuerbarer Energieversorgung und Gebäuden ohne Kohlendioxid-Ausstoß.
Saubere Technologien und Infrastrukturen als Komponenten eines grünen Aufschwungs
Die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen sind angesichts der Covid-19-Krise in Israel noch wichtiger geworden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die jetzt angenommenen kurzfristigen Lösungen mit den mittel- und langfristigen Klima- und SDG-Zielen in Einklang stehen. Die Beschleunigung der Kommerzialisierung von sauberen Technologien und Infrastrukturen ist eine vielversprechende Strategie für die Erholung Israels von der Krise. Ich wünsche Israel, dass die Regierung die gegenwärtige Krise als eine Chance begreift, Maßnahmen zur Erreichung internationaler und nationaler Klima- und nachhaltiger Entwicklungsziele zu fördern. Dies würde die israelische Cleantech-Landschaft unterstützen und Israel könnte seine Position als weltweit führendes Forschungs- und Entwicklungsland und Handelszentrum für grüne und andere Technologien stärken.
Wenn Sie mehr über meine Forschung in Israel erfahren möchten, dann können Sie mein neues Policy Brief und die IASS Studie lesen.