Das Pariser Abkommen wird fünf Jahre alt: Höchste Zeit, die Ozean- und Klimakrise gemeinsam anzugehen
21.01.2021
Wir leben auf einem Planeten, der durch komplexe und sich ständig verändernde Wechselwirkungen zwischen natürlichen und anthropogenen Bestandteilen des "Systems Erde" miteinander verbunden ist. Von diesen Beziehungen ist eine der kritischsten für die menschliche Existenz die zwischen Ozean und Klima. Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Ozean können nicht isoliert betrachtet werden. Denn die Prozesse im Ozean selbst sind ein Teil des Klimasystems und sie modulieren somit auch den Klimawandel. Mit anderen Worten: Der Ozean-Klima-Nexus ist eine Zweibahnstraße, die vorausschauende und innovative Governance-Ansätze erfordert.
Klimaverhandlungen und der Ozean
Fünf Jahre sind vergangen, seit das sogenannte "Pariser Abkommen" auf der 21. Vertragsstaatenkonferenz (COP) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) nach jahrelangen Beratungen zwischen den Mitgliedsstaaten geschlossen wurde. Für den Ozean stellt das Pariser Abkommen einen Wendepunkt dar: Zuvor wurden Themen, die den Ozean betreffen, bei den COP-Verhandlungen eher am Rande behandelt. Auf der COP21 erlebten die Verhandlungen ein gesteigertes Interesse am Ozean und (entscheidend) die Verbindung zwischen Ozean und Klima wurde formell anerkannt und ausdrücklich in der Präambel des Abkommens vermerkt. Die Dynamik, die durch die erhöhte Aufmerksamkeit von Staaten, NGOs und Wissenschaftlern für den Zusammenhang zwischen Ozean und Klima entstand, ebnete den Weg für das Konzept der "Blauen COP", wie die COP25 (2019) genannt wurde.
Die Blue COP, die in Madrid, Spanien, stattfand, wurde von Chile geleitet und sah sich mit hohen Erwartungen in der Ozean-Gemeinschaft konfrontiert, wie die zahlreichen Veranstaltungen, Politikempfehlungen, Foren und Publikationen rund um die Konferenz zeigten (z. B. die Because the Ocean Initiative). Ein wichtiges Ergebnis dieser COP war die Vereinbarung, einen Ozean- und Klimadialog als Teil der UNFCCC-Klimadialoge abzuhalten, der im Dezember 2020 online stattfand. Die Veranstaltung hob die starke Verbindung zwischen Ozean und Klima hervor und die Notwendigkeit, weiterhin Möglichkeiten zur Stärkung der Ozean-Klima-Maßnahmen innerhalb der UNFCCC und zwischen den UN-Organisationen sowie bei zukünftigen COPs zu identifizieren.
Insbesondere die COP26, die aufgrund der Pandemie auf November 2021 verschoben wurde, ist zur Fortsetzung der "Blue COP" erklärt worden, um sicherzustellen, dass der Ozean ganz oben auf der Klima-Agenda bleibt.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Ozean sind immens
Die Gesundheit der Ozeane ist in einem prekären Zustand - und der Klimawandel ist ein wesentlicher Treiber dafür. Der IPCC-Sonderbericht 2019 über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich ändernden Klima ist ein Aufruf zum Handeln an die globalen politischen Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit, sich dringend mit den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf den Ozean zu befassen: Der Meeresspiegel steigt, das Wasser erwärmt sich, versauert und verliert Sauerstoff, was sich negativ auf die marinen Ökosysteme auswirkt.
Was wir verstehen müssen, ist, dass wir, wenn wir dem Ozean schaden, das Unterstützungssystem für alles Leben auf diesem Planeten schädigen. Die Zukunft wichtiger Schlüsselarten und Ökosysteme wie Warmwasserkorallenriffe, Seegraswiesen und Kelpwälder ist in Frage gestellt, wenn die globale Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts 2 °C überschreitet, wobei bereits bei einer Überschreitung von 1,5 °C erhebliche Auswirkungen zu erwarten sind (IPCC, 2019).
Die direkten Auswirkungen der Erwärmung und der Desoxygenierung sowie die indirekten Auswirkungen von Veränderungen in der Primärproduktion werden wesentliche Dienstleistungen des Ozeans wie die Versorgung mit Proteinen durch Meeresfrüchte, die Kohlenstoffbindung und die Abschwächung des Klimawandels gefährden. Die Folgen dieser Effekte und der damit verbundenen Auswirkungen werden weit in die Zukunft hinein spürbar sein und gefährden andere übergeordnete Ziele wie das Erreichen des menschlichen Wohlergehens bei gleichzeitigem Schutz des Planeten, wie sie in der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung festgelegt sind, einschließlich des "Ozeanziels", Ziel 14 für nachhaltige Entwicklung (Singh et al. 2019). Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Ozean müssen sich dieser globalen Herausforderung stellen, während wichtige regionale Unterschiede berücksichtigt werden müssen, wenn Governance-Ansätze diese enorme Herausforderung angemessen angehen sollen.
Jüngste Forschungen zeigen, dass mehr als 50 Prozent der Weltmeere bereits heute vom Klimawandel betroffen sein könnten, in den kommenden Jahrzehnten sogar bis zu 80 Prozent. Die Forscher fanden auch heraus, dass der Ozean der südlichen Hemisphäre schneller vom Klimawandel betroffen ist als der der nördlichen Hemisphäre. Allerdings bleiben Veränderungen in den Ozeanen der südlichen Hemisphäre wahrscheinlich länger unentdeckt als in der nördlichen Hemisphäre, da dieser Bereich vergleichsweise weniger beobachtet und beprobt wird.
Die Verbesserung der Ozeanwissenschaften durch verstärkte Beobachtungen und mehr finanzielle Mittel für die Forschung wird entscheidend sein, um die Auswirkungen des Klimawandels in den verschiedenen Regionen zu verstehen und genauer vorherzusagen. Auch die sozioökonomischen Auswirkungen des Klimawandels werden sich in den verschiedenen Meeresregionen unterscheiden. Die Fischfänge sind in vielen Regionen bereits von der Erwärmung betroffen, mit Auswirkungen auf das Wachstum, die Fortpflanzung und das Überleben der Fischbestände (IPCC, 2019), die aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich einen Netto-Rückgang erfahren werden, obwohl dies geografisch nicht einheitlich sein wird. Die Fischbestände haben bereits begonnen, sich im Zuge der Klimaerwärmung in höhere Breitengrade zu verschieben, was zu Veränderungen im Stoffwechsel führt, die sich auf Lebenszyklen und -raten auswirken, wie etwa schnelleres Wachstum und geringere Maximalgröße.
Trotz der immensen Herausforderung des Klimawandels ist der bestehende regulatorische und institutionelle Rahmen, der zum Schutz der biologischen Vielfalt der Ozeane und zum nachhaltigen Management von Fischereiaktivitäten geschaffen wurde, nicht ausreichend. Diese regionalen Unterschiede in Bezug auf die Auswirkungen und Folgen erfordern die Entwicklung innovativer Management- und Governance-Lösungen durch Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Industrie, da es keine Einheitslösung für den Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels gibt.
Ocean Governance und Klimawandel
Es gibt nur einen Ozean, und während man auf regionale Besonderheiten reagiert und harmonisierte Maßnahmen auf der Ebene der Ozeanregionen einführt, ist es von größter Bedeutung, die grenzüberschreitende und voneinander abhängige Natur des Ozeans zu verstehen: Der Ozean ist ökologisch nicht nur durch sein weltumspannendes System von Meeresströmungen oder durch die Wanderung von Arten grenzenlos. Flüsse von flüssigen, gasförmigen und partikulären Stoffen finden auch zwischen dem Ozean, der Atmosphäre und dem Land statt. Diese ökologische Konnektivität ist für gesunde marine Ökosysteme auf der ganzen Welt und für die Rolle des Ozeans bei der Klimaregulierung unerlässlich.
Ökologische Konnektivität bedeutet, dass Störungen der biologischen Vielfalt im Meer nicht eingedämmt werden, sondern weit über den unmittelbaren Wirkungsbereich hinaus beeinflussen. So haben beispielsweise Regionen wie Auftriebsgebiete oder Seeberge eine besonders hohe biologische Produktivität und sind wichtig für die Wiederauffüllung der Meeresressourcen in anderen Meeresgebieten. Die negativen Auswirkungen des Klimawandels, wie etwa die Verschlechterung der Lebensräume, wirken sich auf die Fischerei in den Küstengebieten aus und umgekehrt.
Schutz- und Managementregime für den Ozean müssen sowohl die Auswirkungen des Klimawandels als auch die ökologische Konnektivität verstehen und berücksichtigen, um die biologische Vielfalt der Meere effektiv zu erhalten und die Auswirkungen auf alles Leben auf diesem Planeten zu bewältigen. Die ökologische Konnektivität erfordert grenzüberschreitende, Mehrebenen- und sektorübergreifende Governance-Ansätze für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt. Tatsächlich muss der Ozean als Ganzes geschützt und verwaltet werden, um auf den Klimawandel und die kumulativen Belastungen durch menschliche Aktivitäten an Land und auf See zu reagieren.
Der Ozean als Teil der Lösung
Angesichts dieser gewaltigen Aufgabe stellen einige Forscher und Politiker die Frage, ob der Ozean ein Teil der Klimalösung sein könnte. Ozeanbasierte Schutzmaßnahmen zur Abschwächung und Anpassung an den Klimawandel gibt es bereits, aber ihr Beitrag könnte noch verstärkt werden. Die Maßnahmen reichen von der Nutzung von Ökosystemen - wie etwa Mangroven, Salzwiesen und Seegras - zur Aufnahme und Speicherung von CO2 bis hin zu verschiedenen Managementoptionen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen aus ozeanbasierten Aktivitäten wie der Fischerei und des Transports oder zur Erhöhung des Beitrags der erneuerbaren Energieerzeugung aus dem Meer. Weitere Optionen sind Klimaeingriffe oder Geo-Engineering - die bis vor kurzem nur wenig Anklang fanden und von vielen als zu radikal angesehen wurden.
Ein Ansatz zur ozeanbasierten Klimabeeinflussung ist die Kohlendioxid-Entfernung (Carbon Dioxide Removal, CDR), beispielsweise durch die Erhöhung der Alkalinität des Ozeans, die darauf abzielt, CO2 aus der Atmosphäre zu extrahieren und in marinen Ökosystemen zu speichern. Bisher lag der Schwerpunkt auf landbasierten Technologien, die "negative Emissionen" ermöglichen, wie etwa Bioenergietechnologien mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS).
Besondere Aufmerksamkeit wird nun dem Ozean gewidmet, da diese großen offenen Räume, die 70 Prozent der Erdoberfläche ausmachen, potenziell weniger Interessenkonflikte aufweisen als an Land. Doch während einige argumentieren, dass neue ozeanbasierte Netto-Emissions-Technologien (NETs) unverzichtbar sein könnten, wenn die Klimaziele des Pariser Abkommens erreicht werden sollen, befürchten viele, dass Klima-Interventionen zu einer weiteren Schädigung der Gesundheit eines bereits geschädigten Ozeans führen werden. Denn es ist nicht bekannt, welche Auswirkungen diese aufkommenden Technologien haben, wenn sie in großem Maßstab eingesetzt werden.
Zwar gibt es einige internationale Regelungen rund um solche Technologien, namentlich im Rahmen der Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), doch bleiben diese in Umfang und Reichweite begrenzt.
Angesichts zahlreicher geplanter Experimente stellt sich nun die Frage, wie eine verantwortungsvolle Steuerung der Forschung und schließlich des Einsatzes aussehen soll. In diesem Sinne beteiligt sich das IASS an dem EU-finanzierten Forschungsprojekt "Ocean-based Negative Emission Technologies - Analyzing the feasibility, risks, and co-benefits of ocean-based negative emission technologies for stabilizing the climate" (OceanNETs übersetzt: Governance, Politik und völkerrechtliche Dimensionen von ozeanbasierten Technologien für negative Emissionen). Das Projekt untersucht, ob ozeanbasierte Klimaeingriffe eine wesentliche und nachhaltige Rolle bei der Begrenzung der globalen Erwärmung spielen können und wägt technische, ökologische, ökonomische und soziale Überlegungen ab, um daraus Empfehlungen für die Politik abzuleiten.
Innerhalb des interdisziplinären Konsortiums zielt das IASS zusammen mit seinen Partnern von der Universität Hamburg darauf ab, die Governance-, Politik- und Rechtsdimensionen von ozeanbasierten NETs zu analysieren. Im weiteren Sinne wird diese Forschung Erkenntnisse darüber liefern, wie diese aufstrebenden Technologien in den aktuellen rechtlichen und institutionellen Rahmen der Ozean-Governance passen, einschließlich der in diesem Rahmen gesetzten Ziele sowie die Identifizierung und Priorisierung wichtiger politischer Einschränkungen, möglicher Kompromisse und Synergien zwischen aktuellen und potenziellen künftigen Managementregimen.