Das Gruppendelphi-Verfahren in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften
Das Gruppendelphi-Verfahren ist eine Delphi-Variante, bei der die Anonymität der Expert_innen zugunsten eines offenen Austauschs aufgegeben wird. Die Expert_innen werden zu einem gemeinsamen Workshop eingeladen und bewerten in aufeinander folgenden Kleingruppen mit rotierender Zusammensetzung einen standardisierten Fragebogen. Durch den offenen Austausch werden Hintergründe für die Bewertungen offen gelegt und geprüft, ob divergierende Urteile argumentativ oder semantisch aufgelöst werden können oder ein Konsens über den Dissens vorliegt. Am Ende des Gruppendelphi-Workshops liegen in der Regel wesentliche eindeutigere Verteilungen der Urteile und inhaltliche Begründungen für abweichende Urteile vor. Das Gruppendelphi-Verfahren ermöglicht damit einen quantitativen und qualitativen Erkenntnisgewinn. Für die Gesundheitswissenschaften eignet sich das Verfahren vor allem zur inter- und transdisziplinären Konsensfindung, als Evaluationsinstrument und zur diskursiven Untersuchung gesellschaftlicher bzw. settingspezifischer Transformationsprozesse. Voraussetzung ist eine klar umrissene Forschungsfrage, deren Beantwortung eine gewisse Sachkenntnis benötigt. Allerdings wird es im Vergleich zu anderen Delphi-Varianten bisher eher selten eingesetzt.
Publikationsjahr
Publikationstyp
Zitation
Niederberger, M., & Renn, O. (2019). Das Gruppendelphi-Verfahren in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften. In M. Niederberger, & O. Renn (Eds.), Delphi-Verfahren in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften. Konzept, Varianten und Anwendungsbeispiele (pp. 83-100). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.