Coronakrise erschwert Einbeziehung von Interessengruppen in Forschungsprojekte
01.06.2021
In EU-Forschungsprojekten spielt die Einbeziehung von Interessengruppen wie Umwelt- und Wirtschaftsakteuren eine zunehmende Rolle. Während der Pandemie fiel fast die Hälfte der geplanten Aktivitäten aus. Das kann laut Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Problemen in späteren Projektphasen führen.
Wie groß ist das Problem der Corona-Beschränkungen für die transdisziplinäre Zusammenarbeit von Forschenden und Interessengruppen? Wie gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Situation um und wie bewerten sie alternativ durchgeführte Aktivitäten? Um diese Fragen zu beantworten, machten die Forschenden des Projektes Das Laboratorium für die nachhaltige Energiewende (SENTINEL) im Sommer 2020 eine Online-Umfrage unter europäischen Energieforschungsprojekten mit Beteiligung von Interessengruppen.
Sie fanden heraus, dass die Pandemie vor allem einen negativen Effekt auf die Arbeit mit Interessengruppen hat: Nur eine von sechs transdisziplinären Aktivitäten wurde wie geplant umgesetzt, während fast die Hälfte abgesagt oder verschoben wurde. Die Veranstaltungen, die stattfanden, wurden zumeist ins Internet verlegt. Die Forschenden machten mit Webinaren, Online-Interviews und Online-Umfragen die besten Erfahrungen. Als problematischer bewerteten sie virtuelle Formate wie Workshops und Konferenzen, die stärker auf Interaktion angewiesen sind.
„Die meisten Befragten planen, auch in Zukunft Online-Formate als Ergänzung, aber nicht als Ersatz für physische Treffen in der Forschung einzusetzen. Alle langfristigen Auswirkungen bleiben abzuwarten, aber angesichts der Absagen und Verschiebungen vieler transdisziplinärer Aktivitäten könnten viele Projekte in späteren Umsetzungsphasen Probleme bekommen. Die Bedürfnisse und Sichtweisen der Interessengruppen können durch Online-Formate möglicherweise schlechter eingefangen werden, was sich auf die Qualität der produzierten Ergebnisse auswirkt“, sagt Projektwissenschaftlerin Diana Süsser.
Ko-Autor Johan Lilliestam fügt hinzu: „Darüber hinaus könnten viele Projekte wohl die unmittelbaren Effekte abfedern, aber wenn die Pandemie jetzt ins zweite Jahr geht, wird „verschieben“ immer weniger eine realistische Alternative für die meist dreijährigen Forschungsprojekte. Wir erwarten, dass die Probleme mit der Dauer der Kontaktbeschränkungen eher zunehmen werden.“ Die Ergebnisse seien vor allem für Fördermittelgeber und andere Forschende von hoher Relevanz.
Die Publikation „COVID-19 vs. stakeholder engagement: the impact of coronavirus containment measures on stakeholder involvement in European energy research projects” ist als Preprint-Version hier zu finden: https://open-research-europe.ec.europa.eu/articles/1-57/v1