Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Gute Absicht, aber noch zu wenig konkret und zielgerichtet

03.04.2023

Die Beurteilung des Entwurfs der neuen Landesnachhaltigkeitsstrategie Brandenburgs durch die beiden vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) koordinierten Gremien „Nachhaltigkeitsbeirat“ und „Nachhaltigkeitsplattform“ fällt durchwachsen aus. Die Ausrichtung an den Nachhaltigkeitszielen der UN und die Selbstverpflichtung der Regierung, bei allen Behörden mehr auf Nachhaltigkeit zu achten, wird positiv angemerkt. Es fehle aber „eine übergreifende Vision, wohin sich Brandenburg entwickeln wolle“ und eine klare Vorlage, was das Land bis wann alles erreicht haben will. Beide Gremien fordern die Landesregierung auf, vor allem bei der Priorisierung der Ziele und der Wahl der Indikatoren nachzubessern.

Dorf in Brandenburg: Die Regionalentwicklung muss stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden.
Dorf in Brandenburg: Die Regionalentwicklung muss stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden.

Als Teil der Öffentlichkeitsbeteiligung hat die Staatskanzlei die Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg gebeten, sich schriftlich und im Rahmen einer Anhörung in die Überarbeitung des Entwurfes einzubringen. Ebenso ist der Nachhaltigkeitsbeirat, durch Ministerpräsident Dietmar Woidke berufen, zu einer Stellungnahme bezüglich der Landesnachhaltigkeitsstrategie aufgefordert worden. Beide Gremien begrüßen, dass die „Landesnachhaltigkeitsstrategie“ an den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (SDGs) in Zusammenarbeit mit den betroffenen Ministerien ausgearbeitet werden soll. Ebenso wird die Bemühung, nachhaltige Praktiken auf allen Verwaltungsebenen der Landesregierung umzusetzen, von beiden Gremien sehr begrüßt. Jedoch listen Sie eine Reihe von konkreten Kritikpunkten auf:

Stellungnahme der Nachhaltigkeitsplattform Brandenburg

Die Nachhaltigkeitsplattform besteht aus einem Netzwerk aus mehr als 180 Initiativen zur nachhaltigen Entwicklung im Land Brandenburg, das vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz gegründet und vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit in Potsdam (RIFS, ehemals IASS) betreut wird. Das Netzwerk wird von einem Steuerungskreis geleitet, in dem rund 25 Initiativen und zivilgesellschaftlichen Gruppen vertreten sind. Der Moderator der Plattform und ehemalige wissenschaftliche Direktor am RIFS, Ortwin Renn, hebt hervor, dass die Stellungnahme an die Landesregierung von allen Mitgliedern des Steuerungskreises gemeinsam erstellt worden sei. „Von der Handwerkskammer bis zu den Jugend- und Umweltverbänden, so Ortwin Renn, „haben sich alle auf eine konstruktive, aber kritische Stellungnahme zu dem jetzigen Entwurf geeinigt. Das gibt diesem Votum auch politisch eine besondere Wirksamkeit“. Die Plattform kritisiert vor allem an dem Entwurf, dass eine übergreifende Vision fehle, die klar umreiße, wie die Entwicklung zu einem nachhaltigen Brandenburg Schritt für Schritt voranschreiten solle und welche Ziele bis wann zu erreichen seien. Auch werde die Strategie im derzeitigen Entwurf ihrem Anspruch einer „Landesnachhaltigkeitsstrategie für das Land Brandenburg“ nicht gerecht. „Der jetzt vorliegende Entwurf ließe sich eher als Strategie für die Landesregierung und nicht als Leitfaden für das ganze Land verstehen.“

Die Autorinnen und Autoren bemängeln, dass der vorliegende Entwurf zu wenig Orientierung für eine Umsetzung auf regionaler und kommunaler Ebene liefere. Zudem würden die Kommunen und der ländliche Raum zu wenig angesprochen, dieser sei jedoch ein wichtiger Ort für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsbestrebungen. Innerhalb der aufgezeigten Schwerpunkte sei nicht klar, welches der Felder mit Priorität angegangen werden sollte. Indes könne die Strategie nur dann Erfolg haben, wenn die Ziele innerhalb der Schwerpunkte mit konkreten Zielvorgaben und Indikatoren verbunden würden.

Relevant für den Erfolg einer Landesnachhaltigkeitsstrategie auf allen Ebenen seien die Umsetzung und das Monitoring der Strategie unter Beteiligung der Gesellschaft. Im jetzigen Entwurf werde jedoch nicht deutlich, inwieweit sich Städte und Gemeinden ebenso wie die dort lebende Bürgerschaft beteiligen könnte. Auch sei der Text der nun vorliegenden Strategie für Bürgerinnen und Bürger schwer verständlich und nur bedingt nachvollziehbar.

Stellungnahme des Nachhaltigkeitsbeirates Brandenburg

Der Nachhaltigkeitsbeirat besteht aus einem sechsköpfigen Gremium, das die Landesregierung in allen Fragen der Nachhaltigkeit beraten soll. Mitglieder sind:  Prof. Gesine Grande, Prof. Ottmar Edenhofer, Silke Hansen, Rüdiger Kuhn und Prof. Uta Steinhardt sowie Prof. Ortwin Renn, der den Vorsitz innehat. Ebenso erkennt der Beirat die handlungsleitende Funktion der Strategie an und sieht vor allem die dort vorgenommenen Selbstverpflichtungen als eine zentrale Brücke in eine nachhaltige Zukunft, um selbst als Vorbild für andere zu dienen. Dennoch ist der Beirat mit dem vorliegenden Entwurf noch unzufrieden. Er kritisiert vier übergeordnete Aspekte und empfiehlt Folgendes:

  1. In seiner nun vorliegenden Form erfülle das Dokument nicht den Anspruch einer „Strategie“. Die Ausführungen blieben weitgehend abstrakt und vage. Die Vorlage sollte weiter konkretisiert, priorisiert und fokussiert werden, um dem Land eine klare und nachvollziehbare Zukunftsvision zu geben.
  2. In der Strategie in ihrer derzeitigen Fassung fehlten wichtige Schwerpunktthemen.
  3. Die derzeitige Auswahl an Indikatoren sei zu begrenzt und bedürfe erheblicher Verbesserungen. Außerdem empfiehlt der Beirat, bei allen passenden SDGs mindestens einen „Kinder- und Jugendindikator“ aufzunehmen.
  4. Die Beteiligungsstrategie sei nach Ansicht des Beirates zu eng gefasst. Um eine breite Zustimmung und Akzeptanz bei Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bürgerinnen sowie Bürgern zu erhalten, sei eine Ausweitung der Beteiligung erforderlich, vor allem in der Umsetzungsphase.

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Dr. Ira Matuschke

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Wissenschaftliche Leiterin der Geschäftsstelle
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Solene Droy

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