IASS legt erstes Emissionsinventar für Nepal vor
06.12.2019
Um das Klima zu schützen und die Luftqualität zu verbessern, muss die Politik Mengen und Quellen von Emissionen kennen. Ein Team um IASS-Direktor Mark Lawrence legt jetzt das erste hochaufgelöste Emissionsinventar vor, das den Ausstoß von Treibhausgasen und Luftschadstoffen in Nepal über einen längeren Zeitraum aufzeichnet. Die Forscher wollen die Daten nutzen, um in dem Himalaya-Staat weitere Strategien für saubere Luft zu entwickeln.
„Nepal deckt seinen Energiebedarf zu über 80 Prozent mit Biomasse, vor allem mit Holz. Dadurch entstehen erhebliche Mengen von Feinstaub und Ozonvorläufern, die Auswirkungen haben auf das Klima, die Luftqualität, die menschliche Gesundheit, Ernteerträge und die Kryosphäre, also die Eisgebiete auf dem Planeten. Mit dem Emissionsinventar können wir die Hauptverursacher der Emissionen, den Anteil einzelner Quellen oder Sektoren sowie kritische Regionen identifizieren“, erläutert Leitautor Pankaj Sadavarte (zurzeit am SRON Netherlands Institute for Space Research), der als Postdoktorand am IASS an der Studie arbeitete. Die Forscher erfassten Emissionen aus dem Brennstoffverbrauch von Privathaushalten, Industrie, Landwirtschaft, dem Transportsektor und weiteren Wirtschaftszweigen für die Jahre 2001 bis 2016.
Feinstaub aus Holzöfen
Im Vergleich zu Industrieländern wie Deutschland ist der Anteil der Privathaushalte an den Emissionen in Nepal deutlich höher, vor allem an der Feinstaub-Produktion: So waren sie im Jahr 2011 für 58 Prozent der Emissionen von Ruß, einem Hauptbestandteil von Feinstaub, verantwortlich. Diese Emissionen stammen vor allem von den traditionellen Holzöfen, mit denen die meisten Haushalte kochen und heizen. Ruß schadet der Gesundheit, ist aber auch nach Kohlendioxid der zweitbedeutendste Klimatreiber. Die CO2-Emissionen stammten 2011 zu 46 Prozent von der Industrie, vor allem aus der Zement-Produktion, zu 31 Prozent von Privathaushalten und zu 14 Prozent aus dem Verkehr.
a) Nationaler sektoraler Energieverbrauch, b) Beitrag der Kraftstoffart zum nationalen Energieverbrauch, geschätzt für 2011, und c) Entwicklung des Energieverbrauchs für den Zeitraum 2001-2016.
Auffällig ist der starke Anstieg der Gesamtmenge der Emissionen im Industrie- und Transportsektor: 2016 war die Industrie für 3-mal so viele Emissionen, der Transportsektor sogar für 4,4-mal so viele Emissionen wie 2001 verantwortlich. Die Privathaushalte verursachten hingegen nur 1,3-mal so viele Emissionen. „Der fossile Energieverbrauch nahm im Untersuchungszeitraum um ein Vielfaches zu. So stieg beispielsweise der Verbrauch von Autogas, Benzin und Diesel jeweils auf das Sieben-, Sechs und Vierfache an. Das nationale Bruttoinlandsprodukt wuchs jedoch nur um 74 Prozent, von rund 11,42 Milliarden US-Dollar im Jahr 2001. Das bedeutet, dass das Verschmutzungsproblem viel schneller wächst als die Wirtschaft – ein Verhältnis, das umgekehrt werden sollte", sagt Ko-Autor Maheswar Rupakheti, Forschungsgruppenleiter am IASS.
Nationale Emissionsschätzungen für Aerosole und Spurengase für (a) einzelne Sektoren im Jahr 2011 und (b) normalisierte Trends für den Zeitraum 2001-2016. CO - Kohlenmonoxid; CO2 - Kohlendioxid; PM2,5 - Feinstaub mit einer Partikelgröße kleiner als 2,5 μm; BC - Ruß; OC - Organischer Kohlenstoff; SO2 - Schwefeldioxid; NOx - Stickoxide; NMVOC - Nichtmethan flüchtige organische Verbindungen; CH4: Methan; N2O: Lachgas
Emissionsinventar hilft der Politik
Die Forscher arbeiten zurzeit an einem zweiten Teil des Inventars, in dem sie die Emissionen aus offener Verbrennung, etwa von landwirtschaftlichen Reststoffen und Hausmüll, darstellen. Die Daten stellten einen wichtigen Beitrag nicht nur für die Forschung da, sondern könnten auch zur Analyse und Gestaltung politischer Maßnahmen genutzt werden, erläutert Rupakheti: „Sie helfen zum Beispiel bei der Bewertung von Lösungen für die Luftreinhaltung und von deren positiven Nebeneffekten für den Klimaschutz. Zum Beispiel haben wir errechnet, dass die wichtigsten Luftschadstoffe um rund 30 Prozent reduziert würden, wenn die so genannten Superemittenten unter den Fahrzeugen aus dem Verkehr gezogen würden. Das wäre eine sinnvolle Politik-Maßnahme.“ Auf der Grundlage dieses neuen Emissionskatasters und dem bald folgenden zweiten Teil arbeiten die Forscher gemeinsam mit Akteuren in Nepal an der Weiterentwicklung von Strategien für Luftqualität und Klimaschutz.
Sadavarte, P., Rupakheti, M., Bhave, P., Shakya, K., Lawrence, M. G. (2019): Nepal emission inventory. Part I: Technologies and combustion sources (NEEMI-Tech) for 2001–2016. - Atmospheric Chemistry and Physics, 19, 20, p. 12953-12973.
DOI: http://doi.org/10.5194/acp-19-12953-2019