Lehren aus der Energiewende für die globale Klimapolitik
14.02.2018
Die Kopernikus-Projekte stellen auf der weltweit größten Wissenschaftskonferenz in Austin ihre Forschungsergebnisse zur deutschen Energiewende vor.
Mit der Energiewende hat sich Deutschland zum Ziel gesetzt, das überwiegend auf fossilen Energieträgern beruhende Energiesystem in ein weitgehend CO2-freies und auf erneuerbaren Energien basierendes System zu transformieren. Wie eine solche gesamtgesellschaftliche Umgestaltung des Energiesystems gelingen kann, stellen Wissenschaftler der Kopernikus-Projekte „Energiewende-Navigationssystem | ENavi“ und „Synchronisierte und energieadaptive Produktionstechnik zur flexiblen Anpassung der Produktion | SynErgie“ am 17. Februar 2018 auf der größten internationalen Wissenschaftskonferenz, dem Jahrestreffen der American Association for the Advancement of Science (AAAS) in Austin, Texas, vor.
In drei Impulsvorträgen und einem Kommentar mit anschließender Diskussion geben Ortwin Renn, ENavi-Projektsprecher, und Heiko Thomas, stellvertretender wissenschaftlicher ENavi-Geschäftsführer, beide vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), sowie Stefan Seifermann, Leiter der SynErgie-Koordinierungsstelle, von der Technischen Universität Darmstadt, Einblicke in die bisher größte deutsche Forschungsinitiative zur Energiewende. Sie beleuchten die gewonnenen Erkenntnisse und zeigen potenzielle Auswirkungen für die USA und die globale Klimapolitik auf. Carlo Jaeger, Fellow am IASS und Leiter des Global Climate Forums in Berlin, wird vor allem die ökonomischen Aspekte der Energiewende in einem Kommentar thematisieren.
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf technologische Innovationen
„Technologische Veränderungen und Innovationen sind nur auf den ersten Blick ein Thema ausschließlich für die Ingenieur- und Naturwissenschaften. Unsere Erfahrungen, zum Beispiel beim Widerstand gegen den Stromnetzausbau, haben uns gezeigt, dass wir auf sozialwissenschaftliche Forschungsperspektiven angewiesen sind“, hebt Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am IASS, hervor. Das Kopernikus-Projekt ENavi erstellt politische Optionen für die Umsetzung der Energiewende und bildet diese in Form von Navigationsrouten ab, bei denen angestrebte Auswirkungen ebenso aufgezeigt werden wie unerwünschte Nebenwirkungen.
„Bei der Betrachtung des Anteils erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch wird deutlich, dass wir erst am Anfang der Energiewende stehen. Die momentan verfügbaren Technologien mit Ausbaupotenzial, das heißt Windkraftanlagen, Photovoltaik und Solarthermie, haben momentan zusammen nur rund 4,5 Prozent Anteil am Gesamtenergieverbrauch“, betont Heiko Thomas. Die Sektoren Industrie, Verkehr, Wärme und Strom müssen gekoppelt werden, um die von der Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050 festgesetzten Ziele zu erreichen. Große CO2-Einsparungen sind möglich, wenn die bestehenden Öl- und Gasheizungen sukzessiv durch nachhaltige Heizungssysteme ausgetauscht werden, die zum Beispiel Sonnenenergie direkt nutzen.
Neue Wege für eine kosteneffiziente und sozial akzeptierte Energiewende
Beispiele aus der Industrie zeigen, wie das in der Praxis funktionieren kann. „Während manche Maßnahmen, zum Beispiel die Anpassung und der Ausbau des Stromnetzes, mitunter hohe Kosten und geringe gesellschaftliche Akzeptanz hervorrufen, bietet das so genannte Demand-Side-Management die Chance auf eine kosteneffiziente und sozial akzeptierte Energiewende“, unterstreicht Stefan Seifermann. Beim Demand-Side-Management werden industrielle Prozesse an die saison- und witterungsabhängige Energieversorgung flexibel angepasst und synchronisiert.
Die American Association for the Advancement of Science (AAAS) ist international die größte wissenschaftliche Gesellschaft und Herausgeberin von prestigeträchtigen wissenschaftlichen Zeitschriften (darunter Science). Auf der jährlichen AAAS-Konferenz diskutieren rund 10.000 führende Wissenschaftler, Pädagogen, Politiker und Journalisten aus 60 Ländern über aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie.
Zur Erforschung der Energiewende fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vier Kopernikus-Projekte, die der Umgestaltung des Energiesystems mit entscheidenden Impulsen zum Durchbruch verhelfen sollen. Drei der Kopernikus-Projekte untersuchen primär die technischen Aspekte von Speichersystemen (Power2X), neuen Netzstrukturen (Ensure) sowie der Flexibilisierung von Industrieprozessen (SynErgie). Unter dem Aspekt der Systemintegration sieht ENavi die Energiewende als einen gesamtgesellschaftlichen Prozess und verknüpft wissenschaftliche Analysen mit politisch-gesellschaftlichen Anforderungen.
Weitere Informationen www.kopernikus-projekte.de
Wann:
Samstag, 17. Februar 2018, 10:00 - 11:30 Uhr
Wo:
Austin Convention Center Texas, USA
Was:
Drei Impulsvorträge mit anschließender Diskussion der Referenten und einem Gast
Die Transformation des deutschen Energiesystems
Heiko Thomas, Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung, Potsdam
Die Energiewende als ein sozialer Transformationsprozess
Ortwin Renn, Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung, Potsdam
Synchronisierung und Anpassung von Industrieprozessen in einem volatilen Energiesystem
Stefan Seifermann, Technische Universität Darmstadt
Gastkommentator
Carlo Jaeger, Global Climate Forum, Berlin
Moderator
Stefan Stückrad, Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung, Potsdam
Das vollständige Programm finden Sie hier: https://aaas.confex.com/aaas/2018/meetingapp.cgi/Session/17871