Rechtliche Folgen des Zögerns beim Tiefseebergbau
08.03.2023
In der kommenden Woche setzt die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) in Kingston, Jamaica, die Verhandlungen über den Entwurf eines Regelwerks für die Förderung von Rohstoffen in der Tiefsee fort. Weil im Juni 2021 eine Vertragsbestimmung, die so genannte Zwei-Jahres-Regel, in Kraft trat, muss der Rat der ISA die Regularien bis zum 9. Juli 2023 fertig stellen und verabschieden. Es ist wahrscheinlich, dass die Behörde diese Frist nicht einhalten wird. Was geschieht in diesem Fall? Ein RIFS Discussion Paper bietet einige Einblicke und mögliche Interpretationen.
Es gibt viele Rechtsunsicherheiten und offene Fragen, die die Mitgliedsstaaten der ISA nun zu diskutieren beginnen, in der Hoffnung, eine gemeinsame Basis zu finden. Ein Schritt in diese Richtung ist ein informeller intersessionaler Dialog des ISA-Rates, der von Belgien und Singapur veranstaltet wird und am 8. März 2023 stattfindet. Das RIFS-Diskussionspapier „‘What if’ revisited: Open legal questions in light of the two-year rule at the International Seabed Authority“ von RIFS-Fellow Pradeep Arjan Singh wird den am Dialog beteiligten Delegierten vorgestellt.
Singh vertritt die Auffassung, dass die Frist nicht als harte Vorgabe betrachtet werden sollte. Der Rat ist vielmehr befugt, den Abbau von Bodenschätzen am Meeresboden so lange zu untersagen, bis solide und wissenschaftlich fundierte Vorschriften vorliegen sowie andere wichtige Voraussetzungen erfüllt sind. Eine solche juristische Auslegung würde beispielsweise dazu beitragen, dass die Mitgliedstaaten der ISA, und nicht die Industrie, die Kontrolle über den Prozess behalten. Zudem würde die Position Deutschlands und anderer Mitglieder der ISA, die eine vorsorgliche Pause oder einen Aufschub des Tiefseebergbaus fordern, berücksichtigt. Das Diskussionspapier wird Teil des RIFS-Beitrags zum heutigen Dialog-Webinar und zur kommenden ISA-Ratssitzung in Kingston sein.