Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Roadmap zur dekolonialen Arktisforschung

20.06.2023

Eine inklusive, gleichberechtigte und gerechte Art und Weise, wie Arktisforschung betrieben wird und wie Forschungsprogramme und Finanzierungsprozesse konzipiert werden - das sind einige der Hauptziele der Roadmap to Decolonial Arctic Research. Am 19. Juni 2023 stellte eine Gruppe von nicht-indigenen und indigenen Rechteinhabern sowie Forschenden vom RIFS und mehreren anderen Organisationen aus Europa und der Arktis die Roadmap der Öffentlichkeit vor. Die Publikation befasst sich mit den größten Herausforderungen, Bedürfnissen und Potenzialen der dekolonialen Arktisforschung in den nächsten zehn Jahren.

Kalottireitti
Der Arktispfad in Kilpisjärvi, Sápmi - der historischen und heutigen Heimat der Samen.

Der "Comprehensive Policy Brief to the EU Commission - Roadmap to Decolonial Arctic Research" enthält 32 konkrete Handlungsempfehlungen und mehrere Best-Practice-Beispiele zur Verankerung dekolonialer Forschung in der Arktis. Er wurde in einem 14-monatigen ko-kreativen Prozess entwickelt. Der Prozess wurde größtenteils von EU-PolarNet 2 im Rahmen des Aufrufs für Dienstleistungen 2021 finanziert.

Die Roadmap zielt darauf ab, ein langjähriges Ungleichgewicht zu ändern: Forschung in der Arktis wurde oft weitgehend zum Nutzen der Ziele der Siedlergesellschaften durchgeführt, während der Einbeziehung indigener Prioritäten und Wissensformen wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dieses Erbe wirkt sich noch immer über Strukturen und Praktiken auf die Forschung aus. Das Dokument ist ein faktenbasiertes Instrument, um eine dekoloniale Innovation in der Methodik und den Finanzierungsmechanismen in der arktischen Forschungslandschaft in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften zu erreichen.

Prozess der Roadmap

Seit März 2022 wurde die Roadmap in einem offenen Bottom-up-Verfahren von einer Gruppe nicht-indigener und indigener Rechteinhaber, Wissenschaftler, Aktivisten und Mitgliedern von Gemeinschaften aus dem gesamten zirkumpolaren Norden gemeinsam entwickelt. Der Schreibprozess umfasste mehrere Schritte, darunter eine Klausurtagung, zwei Online-Dialogsitzungen mit Vertretern der EU-Kommission, die für die Polarforschung zuständig sind, und zwei Runden öffentlicher Online-Konsultationen und Überprüfungen.

Ergebnisse

Die vier kompakten Kapitel der Roadmap zur dekolonialen Arktisforschung 1) führen die Leserschaft durch die rechtlichen und politischen Dimensionen sowie die der Forschungsinnovation und des Paradigmenwechsels in der Arktisforschung; 2) bieten konkrete methodische Überlegungen zur Durchführung von Projekten; 3) erläutern die Beteiligung indigener Rechteinhaber an den EU-Forschungsförderungsstrukturen aus der Praxisperspektive und 4) skizzieren die Vorteile einer von indigenen Gruppen geleiteten Arktisforschung und der Finanzierung ko-kreativer Projekte. Die Roadmap enthält 32 konkrete Handlungsempfehlungen und eine Reihe von Best Practices zur Förderung von Veränderungen innerhalb der Forschungsprogrammierung und der Finanzierungsstrukturen, um dekoloniale Prinzipien in der Arktisforschung zu fördern. Jedes Kapitel präsentiert auch eine Vision, wie dekoloniale Prinzipien in der arktischen Forschungslandschaft gestärkt und fest verankert werden können.

Damit bietet die Roadmap einen Mechanismus zur Umsetzung der Europäischen Polarforschungsagenda und des EU-Weißbuchs zur Einbindung von Interessengruppen in die Arktisforschung.

Umsetzung

Die Aufgabe besteht nun darin, die Roadmap zu verankern und vom Vorhaben zur Umsetzung überzugehen. Es wurden mehrere Prozesse in Gang gesetzt, die ausgezeichnete Möglichkeiten dazu bieten. Dazu gehören der Prozess der 4. Internationalen Konferenz zur Planung der Arktisforschung (ICARP IV) und die EU-Forschungsagenda ab 2025.
 
Die Autorinnen und Autoren erwarten, dass die Umsetzung zu einer besser informierten Forschung führen wird, die ethische Forschungswerte, -prinzipien und -praktiken fördert, die die Handlungsfähigkeit der arktischen Gemeinschaften und das Recht der indigenen Völker der Arktis auf Selbstbestimmung respektieren und somit zu einer Zukunft der Arktis beitragen, die von Fairness und Nachhaltigkeit geprägt ist.

Herrmann, T.M., Brunner Alfani, F., Chahine, A., Doering, N., Dudeck, S., Elster, J., Fjellheim, E., Henriksen, J.E., Hermansen, N., Holm- berg, A., Kramvig, B., Keskitalo, A.M.N., Omma, E.M., Saxinger, G., Scheepstra, A., van der Schot, J. (2023). Comprehensive Policy-Brief to the EU Commission: Roadmap to Decolonial Arctic Research. University of Oulu, Helmholtz-Centre for Environmental Research- UFZ, The Indigenous Voices (IVO) research group – Álgoálbmogii jienat, Arctic University of Norway UiT, Saami Council. Áltá – Káráš- johka – Leipzig – Oulu. https://phaidra.univie.ac.at/detail/o:1653557

 

Kontakt

Nina Döring

Dr. Nina Döring

Forschungsgruppenleiterin
nina [dot] doering [at] rifs-potsdam [dot] de
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