Tiefseebergbau als Erbe der Menschheit regeln
03.02.2020
In den vergangenen Jahren ist das Interesse am Rohstoffabbau in der Tiefsee gestiegen. Um die Meeresumwelt zu erhalten, muss der vorhandene Rechtsrahmen mit Schutzzielen und einer Schadenskontrolle konkretisiert werden. Ein Team des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) Potsdam legt mit einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes seine Empfehlungen vor wie ökologische Leitplanken für den Tiefseebergbau gesetzt werden können.
Der Abbau von mineralischen Rohstoffen könnte Manganknollen der Tiefseeebenen in 4000 bis 6000 Metern Tiefe betreffen, sulfidische Ablagerungen an Hydrothermalquellen der Mittelozeanischen Rücken oder kobaltreiche Krusten von untermeerischen Bergen. Diese Ökosysteme sind weitgehend unerforscht, hoch empfindlich gegenüber Störungen und schützenswert etwa gegen Schäden durch die Tiefseefischerei. Daher sollte die Internationale Meeresbodenbehoerde (ISA) das Vorsorgeprinzip umsetzen und einen strikten regulatorischen Rahmen schaffen, damit Rohstoffförderung nur erlaubt wird, wenn die Ökosysteme langfristig nicht gefährdet werden. Dies ist eine große Herausforderung angesichts einer nahezu unbekannten Umwelt und bislang unerprobter Technologie sowie Unternehmungen von mindestens 30 Jahren Laufzeit.
Erste Untersuchungen haben ergeben, dass bereits kleinste Störungen die Lebensräume am Grund des Meeres auf unbekannte Zeit funktional zerstören. Wie in anderen Ökosystemen, nur auf einer viel längeren Zeitskala, ist daher ein Biodiversitätsverlust unvermeidbar, der bislang unvorhersehbare Auswirkungen haben kann. Der Gewinn durch die Förderung der Rohstoffe könnte durch die gesellschaftlichen Kosten der Umweltschäden in den Schatten gestellt werden.
Kanon der Empfehlungen
In der 300 Seiten umfassenden Studie listet ein IASS-Team um Erstautorin Sabine Christiansen Empfehlungen für die ISA auf, wie sie ihr Umweltmandat für einen „effektiven Schutz der Meeresumwelt“ im Kontext einer Biodiversitätsstrategie, globalen Nachhaltigkeitsagenda und dem angelaufenen Prozess zum Schutz der Biodiversität in der Hohen See umsetzen könnte.
Dabei geben die Autorinnen Empfehlungen ab für Anforderungen und Abläufe künftiger Genehmigungsverfahren und Entscheidungskriterien sowie die Formulierung einer ISA-Umweltstrategie, welche den Ökosystemansatz realisiert. Transparenz und die Einbeziehung aller Akteure der Öffentlichkeit sowie die wissenschaftliche Beratung können wesentlich verbessert werden. Ein wichtiger Bereich der Empfehlungen ist der des systematischen Wissenserwerbs für gut begründete Entscheidungen durch unabhängige Forschung, Überwachung, Standard-Untersuchungskonzepte und Berichtspflichten für Vertragsnehmer bei Grundlagenuntersuchungen, Abbau- und Gerätetests, Bewertungsverfahren und Grenzwertermittlungen.
Der Meeresboden und die dortigen Rohstoffe sind als „Gemeinsames Erbes der Menschheit“ deklariert (im Englischen: Common Heritage of Mankind). Dies bedeutet, die Umwelt der Tiefsee und ihre mineralischen Rohstoffe müssen für künftige Generationen bewahrt werden. Jedoch die Ausgestaltung dessen, was das Prinzip des „Gemeinsamen Erbes der Menschheit“ für alle ISA-Mitgliedsstaaten bedeutet und wie es umgesetzt werden soll, bedarf einer Weiterentwicklung. Die daraus erwachsenden Anforderungen im Umgang mit den Werten des Gebiets sowie der öffentlichen Rechenschaftspflicht sollten beispielsweise durch die folgenden Maßnahmen berücksichtigt werden:
- Finanzierung der wissenschaftlichen Forschung zur Schaffung einer besseren Wissensgrundlage über die marine Umwelt
- Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entwicklung des Mining Code
- Bedarfsermittlung für Minerale aus Tiefseebergbau gegenüber Alternativen
Das Fazit der Autorinnen
Es sollte ein rechtliches Regelwerk entwickelt werden, welches sicherstellt, dass Tiefseebergbau nur genehmigungsfähig ist, wenn ausreichende Umweltstandards bestehen und der Abbau die Meeresumwelt nicht in erheblich und nicht rückgängig zu machender Weise beeinträchtigt. Ein solcher Regelungsrahmen erfordere den politischen Willen und die institutionellen Möglichkeiten, die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales - bei der Verwaltung des gemeinsamen Erbes der Tiefsee langfristig und nachhaltig in Einklang zu bringen.
Publikation:
Sabine Christiansen, Aline Jaeckel, Katherine Houghton: Ecological safeguards for deep seabed mining, Final report, 11/2019.