Wasserstoff als Teil der Energiewende: ein Thema auch für die Außenpolitik
12.03.2020
Wasserstoff und darauf basierende synthetische Kraft- und Brennstoffe (sogenannte E-Fuels) sind in der energiepolitischen Debatte gerade ein heiß diskutiertes Thema. Am 18. März will die Bundesregierung eine Nationale Wasserstoffstrategie vorlegen und die EU Kommission erwägt die Gründung einer Europäischen Wasserstoff-Allianz als Teil der EU-Industriestrategie. Langfristig wird ein großer Teil des in Deutschland verbrauchten Wasserstoffs importiert werden. Deswegen diskutierten auf Einladung des Auswärtigen Amtes und des IASS eine Reihe von Fachleuten aus verschiedenen Bundesministerien, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft über eine „Wasserstoffaußenpolitik“.
Mit grünem Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien erzeugt wurde, können zum Beispiel die Stahl- und die Chemieindustrie ihre CO2-Emissionen deutlich verringern. Darüber hinaus können Wasserstoff/E-Fuels einen wichtigen Beitrag zur Emissionsminderung im Langstrecken- und Schwerlastverkehr in der Luft, zu Wasser sowie auf Schiene und Straße leisten. Auch die saisonale Stromspeicherung könnte langfristig ein wichtiges Anwendungsfeld von grünem Wasserstoff sein.
Angesichts der vielfältigen Anwendungsgsmöglichkeiten ist eine Deckung des Bedarfs durch heimische Erzeugung nach einhelliger Meinung der Runde unrealistisch. Nicht zuletzt deshalb wurde die Zertifizierung der Produktion von Wasserstoff als eine der zentralen Herausforderungen identifiziert. Notwendig sind glaubwürdige Nachhaltigkeitskriterien, die sicherstellen, dass grüner Wasserstoff drin ist, wenn grüner Wasserstoff drauf steht. Während über das Ziel weitgehende Einigkeit bestand, war die Diskussion über den richtigen Weg kontrovers.
Gleichzeitig wurde in der Diskussion im Auswärtigen Amt sehr deutlich, dass die Interessen der Wasserstoff exportierenden Länder berücksichtigt werden müssen. Es geht auch um die sichere und saubere Energieversorgung und um qualifizierte Jobs in diesen Staaten. Eine Missachtung der sozialen Dimension in den Exportländern und neokolonialistisches Verhalten können schnell das Ende aller Wasserstoffträume bedeuten.
Wichtig war allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass die gesamte Wertschöpfungskette der Wasserstoffversorgung in den Blick genommen wird. Ganz wesentlich ist zum Beispiel die Frage des Transports, für den aus Kostengründen in erster Linie Pipelines in Frage kommen, was wiederum politische Herausforderungen mit sich bringt. Für die Außenpolitik hängen die energiepolitischen Beziehungen eng mit geo- und sicherheitspolitischen Fragen zusammen.
Für die deutsche Wirtschaft wiederum bietet eine globale Wasserstoffwirtschaft einerseits die Chance, die notwendigen Anlagen für die Produktion und Nutzung von Wasserstoff zu exportieren und andererseits günstigeren Wasserstoff zu bekommen. In der Diskussion wurde deutlich, dass neben den Stromkosten die Kapitalkosten eine entscheidende Rolle bei der Wasserstofferzeugung in möglichen Exportländern spielen. Eine klare Formulierung zukünftiger Importmengen kann dabei zur Abnahme- und damit Investitionssicherheit beitragen.
Trotz aller Euphorie ist den Fachleuten klar: Auch Wasserstoff ist nicht die eierlegende Wollmilchsau, die alle Probleme lösen wird. Im Gegenteil, aus außenpolitischer Perspektive ist eine Überfrachtung des Themas gefährlich für die weitere Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft, weil Enttäuschungen vorprogrammiert sind. Vielmehr wurden mehrfach eine Komplexitätsreduktion und ein pragmatisches Vorgehen angemahnt.
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